Madeleine Dietz.
Einmal noch das Meer sehen – Rauminstallation mit Diaprojektoren und getrockneten Erdsstücken
5. Oktober – 9. Dezember 2001
Die Galerie im Prediger, Teil eines ehemaligen mittelalterlich-barocken Dominikanerklosters, zeigt noch heute die Spuren ihrer früheren Nutzung als Kirchenschiff. Für die Künstlerin Madeleine Dietz, 1953 in Mannheim geboren, der entscheidende Anlass zur Ausstellung "Einmal noch das Meer sehen" – eine raumbestimmende, 14,5 x 3,5 m umfassende Installation eines fragmentierten Schiffskörpers, welche die Geschichte und Funktion der Architektur aufgreift und zum Ausgangspunkt weiter reichender Bilder der Erinnerung macht: Ein Streifzug durch ein archäologisches Areal, das Spuren unseres Menschseins aufweist.
Die Bedeutung des Schiffs in der Sakralarchitektur und auch in seiner eigentlichen Bedeutung als Beförderungsmittel über Wasser hat die Künstlerin inspiriert. Das Schiff, altes und verbreitetes Sinnbild der Reise, ist Metapher für den Übergang, sowohl für die Lebenden wie für die Toten, den Weg usw. geworden. Dass das Schiff von Madeleine Dietz kein Schiff ist, wohl aber Architektur, Leben, Wohnen, andeutet, wird beim Sichten des Grundrisses klar: fragmentartig aussehende Überreste einer vergangenen Epoche, die gerade von Archäologen entdeckt sein könnte. Nasse Erde, die beim Austrocknen rissig wird, in einzelne Stücke zerbricht, ist das Baumaterial dieser Bodeninstallation.
Verbunden wird das gebaute Fragment im Mittelschiff der Galerie mit weiteren Motiven zum Thema „Einmal noch das Meer sehen“. Darin steht Vergänglichkeit und Sehnsucht, Leben und Tod, Wasser und Boot. Repräsentiert werden diese Assoziationen in der Ausstellung durch eine Familie (Mutter, Vater, zwei Kinder, die mittels einer Diaprojektion immer wieder für kurze Zeit auftauchen), das Schiffsfragment (aus Lehm), 250 Eiben, die zwei Fotografien der sterbenden Mutter, drei eingemeißelten Inschriften (Ich lebe – Du lebst – es lebt) und neun fossilen Reste aus dem Jurameer – als Lebensspuren und -strukturen früherer Existenzen in unserer Region (aus der Sammlung des Museums).
Madeleine Dietz ist Bildhauerin; sie hat an der Werkkunstschule in Mannheim studiert, ab 1986 gibt es erste Videoarbeiten, Performances, Rauminstallationen. 1992 erhielt sie den Daniel-Henry-Kahnweiler Preis für Bildhauerei und Plastik. Dietz beschäftigt sich mit der Vergangenheit und den aktuellen Problemen unserer gegenwärtigen Zeit. Ihr additives Schaffen in Schichten, meist bestehend aus Lehmstücken, vergegenwärtigt Archäologie. Dietz baut auf, aber bleibt stets im Fragmentarischen; so bringt sie Dinge in Erinnerung, appelliert an unser Gedächtnis. Der Torso, das Fragment, das Sediment, sollen als Reststücke der Geschichte nicht Vergangenes kopieren, sondern mit den aktuellen Szenerien zu einer Einheit verbunden werden.