Erhard & Söhne.

Weltpatente aus Schwäbisch Gmünd. Das Unternehmen Erhard & Söhne – vom Kunsthandwerk zum Industriedesign

30. Juni - 18. Oktober 2009

Weltpatente aus Schwäbisch Gmünd
Weltpatente aus Schwäbisch Gmünd

Die Firma Erhard & Söhne gehört seit 165 Jahren zu den herausragenden Produktionsstätten der Metallverarbeitung in Schwäbisch Gmünd. Als ältestes, heute noch produzierendes Gmünder Unternehmen ist es außerdem der einzige Familienbetrieb in nunmehr sechster Generation. Die Verbindung von Kunstgewerbe, Technik und Forschung brachte innovative Entwicklungen und Weltpatente hervor, darunter die für Messingintarsien und den berühmten Schleuderascher, was dem Unternehmen zu Weltgeltung verhalf. Jetzt steht die qualitätvolle Produktpalette des Gmünder Traditionsbetriebes erstmals im Mittelpunkt einer umfassenden Werkschau. Vom 30. Juni bis zum 18. Oktober zeigt die Sonderausstellung „Weltpatente aus Schwäbisch Gmünd“ rund 300 vorwiegend kunstgewerbliche Arbeiten des Unternehmens Erhard & Söhne aus der Zeit von 1850 bis heute. Die Exponate geben einen repräsentativen Überblick über die Schwerpunkte der Erzeugnisse. Zugleich zeigen sie die Entwicklung und den Wandel vom Kunsthandwerk zum Industriedesign. Die Präsentation basiert auf einer Schenkung durch Dr. Heinz Erhard, dem Ur-Urenkel des Firmengründers und dessen Gattin an das Gmünder Museum. Hinzu kommen ausgewählte private Leihgaben und umfangreiche Bestände des Museums aus der Julius Erhardschen Altertümersammlung: Kassetten, Tischgerät, Schleuderascher und Isolierkannen sowie Beispiele des berühmt gewordenen Löwensignets der Firma. Komplettiert wird die Schau durch einen historischen Unimog und einen modernen Kraftstoffbehälter aus der aktuellen Produktion.

Weltpatente aus Schwäbisch Gmünd

Innovative Erfindungen und Weltpatente

Carl Gottlob Erhard gründete 1844 seine Firma, die seine Söhne Carl und Julius zu einem Unternehmen von überregionaler Geltung ausbauten. Mit der Herstellung feuervergoldeter Bronzewaren etablierte die Firma einen Industriezweig, den es in Schwäbisch Gmünd zuvor nicht gab. Neben der Spezialisierung auf die Verarbeitung von Bronze, Messing, Kupfer und Zinn wurden auch Artikel aus Edelmetall gefertigt. Mit dem Weltpatent für die Herstellung von Messingintarsien (1904), der Erfindung des Schleuderaschers „Roulette“ (1938) sowie der Produktion von Puppenstubenzubehör aus vergoldetem Messing, die zwischen 1900 und 1910 der große Exportschlager in die USA waren, gewann das Unternehmen schließlich Weltformat. Dazu gehörte auch die Produktion der zweiwandigen Isolier- bzw. Thermoskanne, für die die Firma 1956 das Patent erwarb, und mit deren Gestaltung sie ihren langjährigen Entwerfer, den Münchener Architekten, Innenarchitekten und Designer Wolfgang von Wersin (1882-1976) beauftragte. Die umfangreiche Produktpalette des Unternehmens umfasste Gebrauchs- und Luxusgüter, Ausstattungsstücke, Kirchen- und Kultgeräte, Schmuck und Spielwaren sowie galvanoplastische Nachbildungen historischer Kulturobjekte. Seit 1945 war die Firma Erhard & Söhne vor allem maßgeblich an der Entwicklung und Produktion des weltweit in Einsatz gebrachten Unimog beteiligt. Heute ist die Firma einer der führenden Hersteller von KFZ-Teilen auf höchstem technischem Niveau in ganz Europa. Damit verbindet sich mit der Geschichte des Unternehmens zugleich der Übergang von der manuellen Einzelanfertigung von historistischem Kunstgewerbe zur Massenproduktion von späterem Industriedesign.

Vorbildliche Gestaltung

Von Beginn an gingen Erfindung, Gestaltung und technische Ausführung bei der Firma Erhard & Söhne Hand in Hand. Basierte in den Anfangsjahren die Gestaltung noch wesentlich auf historischen Vorlagen und Stilen, vollzog sich vor allem mit dem Gestalter Wolfgang von Wersin der endgültige Wandel weg vom historisch orientierten Stil hin zur modernen Form und der Auslotung neuer technischer Möglichkeiten der Oberflächenbearbeitung und Fertigung.
Ein gelungenes Beispiel für den Umgang mit historischen Vorbildern im 19. Jahrhundert ist die Gestaltung des Firmenlogos – einem Aquamanile in Form eines Löwen, der, wenn auch in modernem, minimalistischem Design, bis heute das Unternehmen kennzeichnet. In ihm spiegelt sich nicht nur die Idee der Vorbildersammlung, sondern auch der Übergang in die Moderne. Als plastische Zigarrenlampe aus Messing avancierte er bis in die 1960er Jahre zum begehrten Verkaufsschlager.
Im Lauf seiner 165 Jahre alten Geschichte beschäftigte das Unternehmen Erhard & Söhne für die Gestaltung der Produkte eine Vielzahl prominenter freier und fest angestellter Entwerfer. Einige von ihnen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Lehrer und Schüler der Gewerbeschule, darunter Alfons Feuerle, Albert Holl, Albert Holbein, Karl Schmidt, Emma Schempp, Johann Rettenmaier, August Eiberger, Richard Pleuer und Anton Kuttler. Herausragende Entwürfe gab es in den Zeiten des Historismus um 1880/1900, des Jugendstils um 1904/1914, in den 1920er und 30er Jahren sowie in den Jahren 1960/1970. Im Rückblick akzentuieren sie die Entwicklung vom Kunsthandwerk zum Design.

Die Firmengeschichte – eine enge Beziehung zum Museum

Eng verknüpft mit der Firmengeschichte war von Anfang an die Entwicklung des Gmünder Museums, das seine Wurzeln in dem 1876 von Gmünder Fabrikanten gegründeten Kunstgewerbemuseum hat. Maßgeblich und wegweisend war das private Interesse von Julius Erhard für Kunst und Kultur, das sich in einer Kunstsammlung niederschlug, die er 1890 dem Museum geschenkt hat. Mit Skulpturen, Malerei, Silbergerät und Schmuck aus regionalem und internationalem Umfeld stellt diese bis heute einen wichtigen Eckpfeiler des musealen Sammlungsbestandes dar. Julius Erhard war darüber hinaus Gründungsmitglied des einstigen Kunstgewerbemuseums. Kontinuierlich hat er weltweit Kunstgewerbliches gekauft. Die aus seinen Schenkungen bestehende „Julius Erhardsche Altertümersammlung“ wurde zusammen mit dem übrigen Bestand des Museums als Vorbildersammlung angelegt und in die Sammlungen des Museums integriert. Aus der eigenen Produktion waren es vor allem drei Objekttypen, die für die Vorbildersammlung eine herausragende Rolle spielten: die historistischen Kassetten – zumeist in Messing gegossen und durch Vergoldung und Versilberung weiter veredelt, dann die Jugendstilintarsia aus Holz und Metall sowie Gebrauchsgüter aus Filigran, die in modernisierter Form neu gebogen, galvanotechnisch abgeformt und endbearbeitet wurden.

Eröffnung

Die Ausstellung wird am Dienstag, den 30. Juni um 19 Uhr eröffnet.
Zur Eröffnung sprechen
Dr. Joachim Bläse Bürgermeister
Dr. Heinz Erhard ehemaliger Geschäftsführer Erhard & Söhne GmbH
Alexander Kögel Geschäftsführer Erhard & Söhne GmbH
Dr. Gabriele Holthuis Silberwarenmuseum Ott-Pausersche Fabrik

Publikation

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit ca. 44 Seiten und zahlreichen farbigen Abbildungen zum Preis von 5 Euro

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