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Stadt – Land – Akt.
Der Maler Hans Bucher aus dem Donautal
29. Mai 2023 bis 8. Oktober 2023

„Malen ist für mich wie Tagebuchschreiben“, befand Hans Bucher (1929-2002) einmal. Der aus Fridingen an der Donau stammende Maler ist in der süddeutschen Kunst des 20. Jahrhunderts eine Ausnahmeerscheinung. Einem größeren Publikum wurde er erst spät als der Maler des Donautals bekannt. Lange hielt er sich vom offiziellen Kunstbetrieb fern. Er mied die Öffentlichkeit und präsentierte seine Arbeiten nur ungern. Gleichsam im Verborgenen entstand so sein beeindruckendes Künstlerwerk, das sich durch eine ungewöhnlich temperamentvolle Koloristik auszeichnet.
Großstadtbilder, Landschaftsmalereien und Männerakte machen den Hauptteil in Buchers Œuvre aus, dem sich das Museum im Prediger Schwäbisch Gmünd in der Ausstellung „Stadt – Land – Akt“ widmet. Gezeigt werden 70 Arbeiten, die großenteils zum ersten Mal überhaupt zu sehen sind. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Hans-Bucher-Stiftung, Fridingen an der Donau, die den umfangreichen bildnerischen Nachlass des Künstlers hütet.
Zum Künstler

Hans Bucher, dessen ebenfalls künstlerisch talentierter Onkel Franz-Xaver einige Jahre als Schullehrer in Schwäbisch Gmünd tätig war, wurde 1929 in Fridingen an der Donau geboren. Nach einer Lehre besuchte er zunächst die private Kunstschule im ehemaligen Kloster Bernstein in Sulz am Neckar. Zum Wintersemester 1951 zog er nach Stuttgart und von dort 1953 nach München, um jeweils an den Akademien der Bildenden Künste zu studieren. Unter seinen Lehrern in Stuttgart stieß er auf Hermann Sohn, der für seine kraftvoll kontrastierenden Farbflächen bekannt war, und auf Manfred Henninger. Dessen Freilichtmalerei mit ihrem spezifischen, expressiv gebrochenen Spätimpressionismus sollte in vielerlei Hinsicht prägend auf seinen Stil wirken, der auf Abstraktion verzichtete und der gegenständlichen Kunst stets verpflichtet blieb.
Zur Ausstellung

Bereits während des Studiums schuf Hans Bucher erste prägnante Großstadtbilder. In ihnen entwickelte er eine besondere Vorliebe für Darstellungen des städtischen Verkehrs, oftmals bei Dämmerung und in Dunkelheit mit elektrischer Beleuchtung. Hans Bucher porträtierte so Straßenzüge und Ampelkreuzungen mit fahrenden oder parkenden Autos und mit Straßenbahnen in den für Stuttgart und München so charakteristischen gelben und blauen Farben.

Den weitaus größten Raum in Buchers Werk nimmt die Landschaftsmalerei ein. Die bewegten, vielgestaltigen Geländeformationen des Oberen Donautals oder des Hegaus boten ihm zahlreiche Motive, die er immer wieder aufsuchte, um sie erneut zu malen. Seine Vorliebe galt der Darstellung wechselhafter Stimmungen der Jahreszeiten und heftiger Wetterumschwünge. Kennzeichen dieser eindrucksvollen Malereien sind ein spontaner, heftiger Pinselduktus bei vital leuchtender Farbigkeit.

Den dritten Schwerpunkt im künstlerischen Schaffen von Hans Bucher bilden zahllose Darstellungen knapp bekleideter oder nackter Männer. Die gezeichneten und gemalten Modelle sind in ihren Posen und Gesten sehr sinnlich wiedergegeben. Ihre teilweise überraschende Inszenierung mit langgezogenen, fließenden Linien in farbigen Kreiden auf dunklem Grund kommt derjenigen von Modezeichnungen nahe. Diese Aktbilder, die homoerotisch interpretierbar sind, spiegeln in hohem Maße sein Interesse an Körper- und Figurenstudien. Angesichts der Tatsache, dass Bucher nie fotografiert, sondern Erinnerungen und anderes Festhaltenswertes stets gezeichnet hat, kann ein dokumentierender Charakter dieser Blätter angenommen werden, einem Tagebuch gleich.

Hans Bucher willigte erst in seinem letzten Lebensjahrzehnt ein, Ausschnitte seines Werks auf regionalen Ausstellungen zu zeigen.
„Hans Bucher“, so schrieb Armin Heim, der Fridinger Museumsdirektor, im Jahr 2012, „war ein künstlerischer Außenseiter, ein Nonkonformist, dem seine Kunst nicht Einkommensquelle, sondern Lebensvollzug bedeutete.“ Doch gerade die Tatsache, dass er nur für sich malte, dass seine Emotionen und seine Leidenschaft in den künstlerischen Ausdruck eingeflossen sind, macht sein Schaffen so interessant. Eine kunsthistorisch-monographische Bearbeitung hat das Gesamtwerk des 2002 verstorbenen Malers allerdings noch nicht erfahren.
Hans Buchers reiche bildnerische Hinterlassenschaft, in eine engagierte Stiftung eingebracht, befindet sich im Scharf Eck in Fridingen an der Donau, das er als Atelier- und Wohngebäude genutzt hatte.
Begleitpräsentation

Parallel zur Ausstellung und zugleich als subtiler Kommentar zu den Männerakten von Hans Bucher werden in einer Gruppenpräsentation Werke zeitgenössischer Künstler zum gleichen Sujet gezeigt. Die Bilder von Patrick Angus, Stephen Bron und Logan T. Sibrel, die Nähe und Intimität atmosphärisch darstellen, werden umrahmt von der koloristischen Rauminstallation Bossa Nova Mystery des Frankfurter Künstlers Rolf Poellet. Einige der Bilder waren kürzlich in der weithin wahrgenommenen Ausstellung zur Queer Intimacy der Galerie Thomas Fuchs in Stuttgart zu bewundern.