
Klavierabend Michael Nuber
So., 9.11.2025 19 Uhr St. Michael, Gemeindesaal, Eutighoferstr.55
Werke von Franz Schubert:
Klaviersonate f-moll D 625/505 (1. Satz unvollendet, von Michael Nuber fertiggestellt)
Klaviersonate B-Dur D 960
Die Sonate B-Dur D 960 stammt aus dem letzten Lebensjahr des Komponisten und stellt zusammen mit dem Streichquintett, den Liedern des „Schwanengesangs“ und den beiden Sonaten c-moll D 958 und A-Dur D 959 als letzte Werke das Vermächtnis dieses Komponisten dar.
Die Sonate in B-Dur ist ein ruhiger, verklärender Ausklang und die Zusammenfassung aller Kräfte der Innerlichkeit. Der erste Satz ist kein übliches Allegro sondern ein träumerisch hinfließendes Molto Moderato, das Thema ist ein stilles, in sich gekehrtes Lied, der gesamte Satz einer der längsten in der Sonatengeschichte bis zu diesem Zeitpunkt. Harmonisch bringt Schubert hier vielfältige und zum Teil kühne Terzverwandtschaften wie z.B. B-Dur, Ges-Dur, fis-moll. Mit cis-moll beginnt die Durchführung – diese Tonart kehrt als Haupttonart im zweiten Satz Adagio wieder.
Der vierte Satz beginnt mit einem langen G – danach erklingt ein Thema in c-moll. - Dabei steht der Satz eigentlich in B-Dur!
Der erste Satz in der für Schubert typischen ausgedehnten Sonatenform mit drei Themen ist„einer der längsten und stillsten seines gesamten Sonatenschaffens“ (Malvin Berger). Verhalten, fast zögernd setzt eine lyrische B-Dur-Weise ein, die plötzlich von einem tiefen Triller unterbrochen wird – eine Art geheimnisvoller Trommelwirbel, wie er auch im Credo von Schuberts letzter Messe, der großen Es-Dur-Messe aus dem gleichen Jahr, vorkommt. Man meint an beiden Stellen ein Erschüttern vor dem Geheimnis des Göttlichen zu spüren. Ebenso orchestral empfunden isind das eigentliche Hauptthema, eine in hoher Lage wie von den Streichern gesungene Melodie, und das Seitenthema mit seiner durch die Stimmen wandernden, klagenden Weise. Die großen Steigerungen der Durchführung erinnern an das zur gleichen Zeit komponierte Streichquintett.
Das Andante sostenuto treibt die für den späten Schubert so charakteristische Verlangsamung des harmonischen Rhythmus auf die Spitze. Obwohl es nicht viel mehr ist als „die zart verschwebende Zerstäubung eines Orgelpunkttones“ (Ernst Kurth), hebt es das Zeitempfinden des Hörers praktisch auf. Die ostinaten rhythmischen Figuren und die typischen Terzverwandtschaften der Schubertschen Harmonik tragen das Ihre dazu bei.
Der dritte Satz bringt zu den betont ruhigen und sehr ausgedehnten ersten Sätzen einen lebhaften Kontrast. Es ist ein leichtfüßiges Scherzo, con delicatezza zu spielen, mitunter sogar von Anklängen an die Musik Carl Maria von Webers durchzogen, dessen Freischütz Schubert bewunderte. Das b-Moll-Trio setzt dazu in nur 32 Takten einen stillen, versonnenen Kontrapunkt.
Das Rondo beginnt scheinbar in der falschen Tonart mit einem akzentuierten G, woran sich ein eigenartig penetrantes Tanzthema in c-Moll anschließt. Erst nach acht Takten findet es seinen Weg nach B-Dur und zu einer munter trällernden Melodie, die einem der fröhlicheren Wanderlieder Schuberts zu entstammen scheint. Diesem so tanzseligen Beginn ist kaum anzuhören, zu welchen Dimensionen sich dieser Satz in mehr als 500 Takten weitet. Er vermittelt zwischen der etwas verbissenen Heiterkeit seines Rondothemas und dem sublimen Stil der ersten beiden Sätze in den Episoden der Rondoform. Diese ist wieder – wie immer beim späten Schubert – in ein hypertrophes Monumentalrondo ausgedehnt.
Sonate f-moll D 625/505
komp. 1818, viersätzig; steht am Ende der ersten großen Sonatenperiode.1.Satz unvollendet - bricht nach der Durchführung ab. Michael Nuber hat versucht im Stile Schuberts die Reprise zu vollenden und mit einer knappen Coda diesen ersten Satz abzurunden. Das gesamte Material entwickelt sich aus dem Themenkopf des ersten Themas. Dadurch enstand eine äußerst dichte Form, welche die überwiegend melancholische Aussage verstärkt. Der lyrische zweite Satz steht in Des-Dur (D505), das Scherzo in E-Dur. Innerhalb dieser beiden Sätze fallen ungewöhnliche harmonische Ausweichungen und kühne Modulationen auf. Der letzte Satz ist formal vollendet, Schubert hat jedoch einige Stellen nur skizziert und auf viele Feinheiten verzichtet, die sich aber leicht ergänzen lassen. Ungewöhnlich hier ist das sehr aufgewühlte erste Thema, das mehr aus bewegten Klängen als aus Melodien besteht.
Franz Schubert (1797-1828), geb. bei Wien, mährischer Abstammung unterrichtete 1814-17 als Hilfslehrer. Vergebliche Bewerbungen als Musiklehrer und Kapellmeister. Bis auf zwei durch wirtschaftliche Notlagen bedingte Aufenthalte als Klavierlehrer bei Graf Johann Karl Esterházy von Galantha auf Gut Zelesz in Ungarn (1818 und 1824) lebt Schubert von 1817 bis zu seinem frühen Tod als freischaffender Komponist. Die Verleger bekunden wenig Interesse an seinen Kompositionen. Nur etwa 10 % seiner Werke erscheinen zu seinen Lebzeiten, beschränkt auf Österreich, im Druck. Stütze und Rückhalt seines Lebens bildet ein großer, hilfreicher Freundeskreis, der sich ab 1820 in der „Schubert-Runde“ um ihn schart (darunter Dichter, Maler, Komponisten u.a. Musiker).
Kompositionen:
Über 600 Lieder, darunter die Liederzyklen „Die schöne Müllerin“, „Winterreise“ und „Schwanengesang“, 8 Sinfonien, Opern, Messen, geistliche und weltliche Chormusik, Kammermusik und 21 Klaviersonaten (davon nur 12 vollendet) und zahlreiche andere Klavierwerke sowie außergewöhnlich viele Werke für Klavier zu 4 Händen.
Er vollendete von 21 Klaviersonaten nur 12. Sie lassen sich in 3 Perioden einteilen:
1815-19 (13 Sonaten), 1823-26 (5 Sonaten) und 1828 (3 Sonaten).
Im Gegensatz zu Beethovens Klaviersonaten, bei denen ein primäres kompositorisches Konzept das Spannungsfeld der Themen formt, bestimmt bei Schubert das Fortspinnungsprinzip der Melodien Inhalt und Verlauf der Komposition. Auch in den Durchführungsteilen ersetzt die Arbeitsweise des Lyrikers den dialektischen Konflikt durch eine farbenreiche Palette tonartlicher, harmonischer oder dynamischer Varianten und Umdeutungen. Die gestalterischen Absichten wenden sich weniger der Sonatenarchitektur als dem kompositorischen Detail zu, hier gewinnen vor allem romantische Harmonien ein gewichtiges Spannungselement.
Schuberts Harmonik geht weit über die der Klassik hinaus. Herrscht bei Haydn, Mozart und Beethoven das strenge Zieldenken der Funktionsharmonik vor, das sich in der bestimmenden Rolle des Verhältnisses von Dominante und Tonika, des primitiven Quintfalles repräsentiert, gewinnen bei Schubert die Medianten und Parallelen eine Bedeutung, die der der Dominanten gleichkommt, der Terzschritt der Harmonie hat dieselbe konstruktive Kraft wie der Quintfall. Die Ausnutzung der Terzverwandtschaften dient keineswegs nur der harmonischen Farbe, sie ist ein neues konstruktives Prinzip, das dem Satz etwas Schwebendes und Schweifendes, dem Klang etwas Vegetativ-Ruhiges verleiht; das Träumerisch-Phantastische, Mediale der romantischen Musik, das der willensbetonten, von Dominantspannungen beherrschten Klassik entgegengesetzt ist, liegt in ihrer harmonischen Eigenart.
Presse:
Südkurier (Konstanz) vom 26.9.2022 zu Nubers Auftritt im Konzilsaal in Konstanz mit Beethovens 3. Klavierkonzert:
„Er präsentierte ein kantiges, durchdachtes Spiel mit virtuos gepfefferter Tonkaskaden-Akrobatik, tief in die Klaviatur versenkt bei pianissimo herausmodelliertem Klang und dem Sinn für dramatische Steigerungen in Episoden und gewaltigen, von Nuber komponierten Solokadenzen. Daraus ergab sich eine Beethoven-Interpretation, die begeisterte und in der Zugabe von Debussys „Feux d’artifice noch einmal artistisch eskalierte.“
„Man möchte den hochbegabten Künstler bald wieder, vielleicht sogar in einem der großen Konzertsäle, wiedersehen. Denn sein Klavierabend war ohne Zweifel ein Ereignis und vermittelte die Bekanntschaft mit einem bisher unbekannten Pianisten, der nicht nur eine ungewöhnliche Persönlichkeit ist, sondern bei einer kontinuierlichen Entwicklung bald zur Pianistenelite zählen könnte. ... Man hat bei seinem Spiel immer das Gefühl des Hineinhorchens bei gleichzeitiger kritischer Auseinandersetzung mit der Partitur. Seine Spieltechnik ist nahezu perfekt und erlaubt ihm den Zugang zu den technisch schwierigsten Werken der Klavierliteratur. ...“ Allg. Deutsche Zeitung für Rumänien 1994
Adavanul de Cluj (Klausenburg) Dez. 1994: Über Nubers Auftritt beim Mozart-Festival in Klausenburg/Rumänien: „... das ungewöhnliche des Festivals wurde erreicht durch die Anwesenheit des deutschen Pianisten Michael Nuber. Von einer ganz außergewöhnlichen Sensibilität, mit seiner extrem expressiven Hand (...) von einer inneren Tiefe, hat Michael Nuber uns À la Chapelle Sixtine und Reminiscenses de Don Juan dargeboten mit dem Pathos und der Bewunderung eines der Welt Entrückten am Rande der Extase.“
Gäubote 2011:… schließlich Chopins „Ballade g-moll“, in der sich Nuber von einem zum anderen Extrem fast bis zur Bipolarität aufspaltete, jede Nuance mit Bedeutung auflud. Kurze Momente der Euphorie wechselten sich ab mit Passagen zusammengebissener Zähne… Ein Triumph auf ganzer Linie für einen Musiker dessen emotionale Verfasstheit nicht nur komplett in seine Musik fließt, sondern sich auch auf beeindruckende Weise in seiner Mimik und Gestik widerspiegelt. Diese alles vereinnahmende Energie belässt nun mal kein Atom an seinem Platz.…“
RZ Februar 2023: Michael Nuber spielt meisterhaft
Der Konzertpianist Michael Nuber bietet alle paar Wochen in Schwäbisch Gmünd fesselnde Konzertprogramme. Sein Spiel ist in jeder Hinsicht auf Top-Niveau. seine Anschlagstechnik erlaubt ihm eine unglaubliche Spannbreite der Dynamik.
Nuber beherrscht alle Techniken für die klassisch-romantische Literatur aber auch weit darüber hinaus, sein polyphones und strukturelles Denken und Fühlen schließt die Werke kammermusikalisch auf und führt den Hörer durch schwierigste Materie.
Am vergangenen Sonntag konnte man der Darbietung einer Auswahl romantischer Werke lauschen von Mendelssohn, Schumann, Chopin und Brahms. Wieder war man vom dem beseelten und packenden Spiel fasziniert. (...)
Die vier ausgewählten Werke von Brahms bestachen durch Innerlichkeit und Leidenschaft, führten aber an vielen Stellen die Hörer zum Übersinnlichen. Michael Nuber spielt solche Werke niemals konventionell. Er analysiert und findet seine Interpretation zum Teil weit ab vom üblichen Weg, aber eben in den vom Komponisten vorgegebenen Strukturen. Er schafft es dabei zu fesseln, er führt seine Zuhörer in ungeahnte Welten.
Gleich beim Capriccio fis-moll aus op.76 stand die Welt manchmal still und Nuber blickte in nicht- irdische Welten und zeigte sie mit seinem Spiel seinen Hörern. Aber auch geballte Leidenschaft in der Rhapsodie h-moll oder im Capriccio g-moll op.116/3 war zu spüren und packte die Menschen im Saal. Interessant war, mit welch freiem Tempo der Pianist die Rhapsodie gestaltete und trotzdem oder gerade deshalb den Spannungsbogen nirgends reißen ließ. Selbst das kleine Intermezzo C-Dur op.119/3 fiel durch Freiheiten des Tempos auf, aber man spürte immer, dass Nuber den harmonischen Gehalt des Werkes im Auge hatte und seine Phrasierung dadurch natürlich atmete und Zusammenhänge freilegte. So polyphon wie bei Nuber wird man selten diese Stücke von Brahms hören. Aber gerade dies führt zu einer interpretatorischen Dichte und einer Farbigkeit im Klang. (...)
RZ zu Liszt-Abend 19.11.2023:
Im zweiten Teil erklangen Bearbeitungen romantischer Opern (aus „Tristan und Isolde“ und „Rigoletto“) und der berühmte Erste Mephisto-Walzer, allesamt Werke der Klasse „fast unspielbar“. Nuber zauberte mit technischen Finessen in der Rigoletto-Paraphrase, spielte atemberaubende Läufe und Dreiklangsbrechungen, Oktaven-Passagen, filigranste Verzierungen und gestaltete aus diesen technischen Elementen reinste romantische Musik. Isoldens Liebestod spielte Nuber in einer gemischten Fassung von Liszt und Moszkowski mit einigen eigenen Veränderungen. Hier zeigte sich die Kunst des langsamen Spannungsaufbaus und die Beherrschung des Orchestralen auf dem Klavier beim riesigen Höhepunkt. Nuber singt nicht nur auf und mit dem Klavier, er schattiert auch die Klangfarben nach den jeweiligen Harmonien.Beim Mephisto-Walzer wuchs der Gmünder Konzertpianist dann nochmal über sich hinaus. Was hier an technischen Raffinessen aller Art gefordert ist, ist unglaublich. Aber Nuber spielt hier nie um der Technik-Vorführung willen, er beleuchtet das Teuflische, den Irrsinn, die Wollust, die intensivsten Leidenschaften, die man sich vorstellen kann. Und das mit einer Sicherheit bei den heikelsten Sprüngen, den irrwitzigsten Läufen, bei den tollsten Kaskaden… Selten ist man dem Teufel und der Liebe so nahe in der Musik, wie in Michael Nubers Interpretation.
Langer Beifall belohnte den Musiker – er wollte eigentlich keine Zugabe spielen. Das Publikum blieb aber einfach sitzen und wurde dann doch noch mit der Romanze aus dem Jahre 1849 belohnt. Ein wunderbar melancholisches und gesangliches Klavierwerk.
Dieser Abend wird sicher lange in Erinnerung bleiben – es war Musik und Spannung pur – eine Sternstunde mit Michael Nuber und Franz Liszt.
„Michael Nuber ist ein Musik-“Entrückter“ am Klavier und man versteht, wenn man ihm lauscht, wie die vergangenen Fabelgestalten Liszt und Paganini ihr Publikum völlig verzaubern konnten, daß man ihnen sogar nichtirdische Kräfte zugeschrieben hatte.“ (RZ)
Veranstaltungsort
Eutighofer Straße 55
73525 Schwäbisch Gmünd
Veranstalter
Konzertpianist
Rechbergstraße 80
73529 Schwäbisch Gmünd