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11. Februar 2020
Museum erhält Chagall-Gemälde
Schwäbisch Gmünd (sv). Die Sammlungen des Gmünder Museums erhalten einen hochkarätigen Zuwachs: Das Gemälde „Le village rouge“ von Marc Chagall (1887-1985). Das um 1965 entstandene Bild ist ein Geschenk aus Privatbesitz und ab sofort in der Dauerausstellung zu den allgemeinen Öffnungszeiten zu sehen. „Die Schenkung zeichnet nicht nur das Renommee des Gmünder Museums aus, sondern auch die inhaltliche Bedeutung der Sammlung“, so Museumsleiter Dr. Max Tillmann bei der Präsentation des Gemäldes.
Marc Chagall führt die Betrachter seiner Bilder in eine magische Welt voller Fabelgestalten. Sein poetisches Universum schließt die Bibel ebenso ein wie das Milieu der Gaukler und Künstler. Oft erscheinen Liebespaare und farbig leuchtende Blumen. In steter Inspiration von seinen jüdisch-russischen Wurzeln gestaltet Marc Chagall immer wieder mit fantastischer Erzählkunst eine neue Welt. Durch diesen spirituellen Anspruch vermittelt er eine Botschaft der Hoffnung und der Freiheit, die auch für uns Menschen des 21. Jahrhunderts aktuell geblieben ist.
Marc Chagall, 1887 als Sohn einer jüdisch-orthodoxen Arbeiterfamilie in Witebsk in Weißrussland geboren, zählt zu den berühmtesten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Nach einer ersten künstlerischen Ausbildung in Witebsk studierte er an der Zeichenschule in St. Petersburg. 1910 ging er mit einem Stipendium nach Paris, wo er ein Atelier einrichtete und sich an Ausstellungen beteiligte. Zu einer ersten Einzelausstellung reiste Chagall 1914 nach Berlin und von dort weiter nach Russland, wo er vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs und der Oktoberrevolution überrascht wurde und sich in seine Heimatstadt zurückzog. In dieser Zeit entstanden Bilder zu seiner Heimat, zum jüdischen Leben, und, inspiriert von seiner Heirat mit Bella Rosenfeld, Bilder zu Liebe und Glück, er setzte sich aber auch mit dem Thema Krieg auseinander. Er nahm an Ausstellungen teil, illustrierte Bücher und Gedichte in jiddischer Sprache und leitete eine Kunstschule. 1920 ließ er sich in Moskau nieder und widmete sich Theaterprojekten und Wandmalereien. Vor den schwierigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen nach der Oktoberrevolution flüchtete er 1922 nach Berlin und 1923 nach Paris. Bald zählte er zu den herausragenden Malern der École de Paris, nimmt an Ausstellungen teil und erhält Aufträge. Die 1920er- und 30er-Jahre waren geprägt von intensiver Tätigkeit, die Themen Zirkus, Natur und Mensch und das Motiv der Liebenden sind vermehrt präsent. Auf Grund von Bedrohungen gegen ihn und seine Familie entschloss sich Chagall 1941 zur Emigration nach Amerika, wo er in New York und in Mexiko-Stadt lebte. 1948 kehrte er nach Frankreich zurück. Nach dem Krieg entstanden viele seiner unverwechselbaren farbigen Lithografien, die ihm einen zentralen Platz im Bildgedächtnis des 20. Jahrhunderts gesichert haben und für die er bereits zu Lebzeiten große öffentliche Anerkennung erhalten hat. Bis zu seinem Tod 1985 in Saint Paul in der Provence arbeitet Chagall mit seinem unerschöpflichen Schatz an Bildern und poetisch-mystischen Stimmungen, ohne sich in moderne Kunstströmungen – Neo-Primitivismus, Kubismus, Futurismus, Expressionismus, Suprematismus, Surrealismus, Abstraktion – einordnen zu wollen.
Das Gemälde „Le village rouge“ bezieht sich mit seinen Motiven – das sich umarmende Paar, das wachsame Tier, die Stadt Witebsk, die Sonne mit Mondsichel und die leuchtend rote Farbe auf einen Gemäldezyklus, den Chagall in den 60er Jahren dem „Hohelied“ widmete, einer Sammlung von Liebesliedern, die als Teil der Bibel König Salomon zugeschrieben wurde. Die fünf großformatigen Gemälde zum „Hohenlied“ werden im Musée Nationale Message Biblique in Nizza gezeigt.