RoMoWo – Rollstuhl Mobilität Wohnortnah

Schwäbisch Gmünd (sv). Die sichere und selbstständige Nutzung des Rollstuhls ist für viele Menschen mit Behinderung der Schlüssel zur Mobilität – und damit zur gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ob im Beruf, in der Freizeit oder im öffentlichen Raum: Wer sich souverän mit dem eigenen Hilfsmittel bewegen kann, hat deutlich bessere Chancen auf Selbstbestimmung. Doch trotz gesetzlicher Fortschritte zeigt sich: Die tatsächliche Teilhabe ist nach wie vor eingeschränkt. Dies belegen sowohl der Teilhabe Bericht der Bundesregierung (BMAS 2021) als auch der Teilhabe Survey (BMAS 2022). Ein zentrales Problem sind verkürzte Klinikaufenthalte nach Eintritt einer Behinderung – insbesondere bei Querschnittlähmungen. Diese lassen oft zu wenig Zeit, um den Umgang mit dem eigenen Hilfsmittel grundlegend zu erlernen. Ambulante Trainingsangebote gewinnen vor diesem Hintergrund zunehmend an Bedeutung.

Ein wegweisendes Projekt war „Mobilität 2020“, das zwischen 2016 und 2021 vom Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS gGmbH) gemeinsam mit dem Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS e. V.) durchgeführt und mit Mitteln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gefördert wurde. Ziel war die wissenschaftlich fundierte Entwicklung und Erprobung eines standardisierten, modular aufgebauten Mobilitätstrainings für Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer. Im Rahmen der Evaluationsstudie nahmen 228 Personen teil, von denen 160 den Aktivitätstest zur Mobilität im Rollstuhl (AMR®) zu beiden Messzeitpunkten vollständig absolvierten (Interventions-gruppe: 134; Kontrollgruppe: 26). Der AMR® testet grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit dem Rollstuhl (z. B. Fortbewegung, Hindernis- und Steigungsbewältigung). Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten Interaktionseffekt zwischen Zeit und Gruppe (p ≤ .001; f = 0,32). Das bedeutet: Die Teilnehmenden der Interventionsgruppe zeigten nach dem Training deutlich höhere Mobilitätswerte als die der Kontrollgruppe (siehe Abbildung).

Kern des Konzepts waren zwei Ganztagestrainings im Abstand von vier Wochen. Diese deckten wesentliche Themen in Modulen ab, darunter die richtige Sitzposition, Grundfahrtechniken, Balancieren auf den Hinterrädern, das Überwinden von Hindernissen, Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs sowie das Fahren von Treppen und Rolltreppen. Zwischen den beiden Trainingstagen erhielten Teilnehmende Übungsmaterialien und Videos, um eigenverantwortlich zwischen den Trainingsphasen zu üben.

Die positiven Ergebnisse und Erfahrungen aus „Mobilität 2020“ sollen nun nachhaltig in die Fläche gebracht werden. Dazu startete im April 2024 das dreijährige Projekt „RoMoWo – Rollstuhl Mobilität Wohnortnah“. Auch dieses Projekt wird vom FIBS und dem DRS umgesetzt, gefördert durch die Aktion Mensch.

Ziel ist es, das etablierte Trainingskonzept möglichst vielen Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzern in Deutschland zugänglich zu machen. Dazu werden über die Projektlaufzeit hinweg Trainings an insgesamt 40 Standorten angeboten – verteilt über alle Bundesländer. Die Auswahl der Standorte orientiert sich an der Einwohnerdichte und dem regionalen Bedarf. Erste Trainings fanden im November 2024 statt, die Resonanz war durchweg positiv.
Langfristig soll jede interessierte Person, die einen Rollstuhl nutzt – unabhängig von Wohnort und Mobilitätsstatus – Zugang zu einem individuell zugeschnittenen Mobilitätstraining erhalten. Das Training bleibt dabei modular und anpassbar, sodass Einsteigerinnen, Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen profitieren können.

Begleitend zum Trainingsangebot wurde die RoMoWo-Web-App entwickelt, die als zentrale Plattform rund um das Thema Rollstuhlmobilität fungiert. Neben aktuellen Trainingsterminen und Anmeldemöglichkeiten bietet sie auch zahlreiche Übungsvideos und Materialien für das selbstständige Üben zu Hause. Ziel ist es, Teilnehmende nachhaltig zu motivieren und langfristige Trainingserfolge zu sichern. Die Web-App ermöglicht eine niedrigschwellige Kontaktaufnahme sowie einen transparenten Überblick über das bundesweite Angebot. Damit wird die Vision einer inklusiven, bedarfsgerechten Mobilitätsförderung greifbar – digital gestützt, wissenschaftlich fundiert und wohnortnah umgesetzt.

Rollstuhlmobilität ist für viele Menschen in Deutschland eine Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Der adäquate Umgang mit dem eigenen Hilfsmittel ist allerdings kein Selbstläufer – er muss systematisch gelernt und trainiert werden. Ambulante Trainingsangebote wie in den Projekten Mobilität 2020 und RoMoWo schaffen genau dafür verlässliche Strukturen. Die wissenschaftlich belegte Wirksamkeit des Konzepts sowie die digitale Ergänzung durch eine Web-App machen das Angebot zukunftsfähig – und tragen dazu bei, Barrieren im Alltag zu überwinden.

Die Termine für Schwäbisch Gmünd sind am Samstag, 22. November und am Samstag, 20. Dezember.
Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter: https://romowo.app oder bei Fragen per E-Mail an: info@romowo.app.

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