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28. Mai 2025
Verlegung eines weiteren Stolpersteins

Schwäbisch Gmünd (sv). Der 80. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus hat erneut das allmähliche Verschwinden der letzten lebenden Zeugen der NS-Verbrechen ins öffentliche Bewusstsein gerufen. Damit wächst die Bedeutung einer aktiven lokalen Erinnerungskultur, auch für die Stadt Schwäbisch Gmünd. Zu diesen Verbrechen zählt die Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in der sogenannten „Aktion T4“, den „Euthanasie“-Morden, die in vielerlei Hinsicht ein Testlauf für den späteren millionenfachen Mord der Shoa waren. Aus Schwäbisch Gmünd und seinen späteren Teilorten sind diesem Verbrechen nach heutigem Kenntnisstand mindestens 40 Menschen zum Opfer gefallen.
An die Gmünder Opfer der „Aktion T 4“ erinnert in allgemeiner Form das Mahnmal für die Opfer der „Euthanasie“ in der Grabenallee sowie einzelne Namen auf der Gedenktafel am Kulturzentrum Prediger. Um das Gedenken an diese Opfergruppe weiter zu stärken und zu individualisieren, wurde am Montag, 26. Mai, in Schwäbisch Gmünd nun ein weiterer Stolperstein für Otto Gatter (1902-1940) gesetzt. Der jüngste Sohn des Gießereifabrikanten Ferdinand Gatter wohnte in der Mutlanger Straße 28, bei seinem Vater bis zu dessen Tod im Jahr 1930. Ab 1931 lebte er in Mariaberg, einem ehemaligen Kloster bei Gammertingen, wo 1846 eine Heil- und Pflegeanstalt für geistig Behinderte eingerichtet worden war. Nach Beginn der „Aktion T4“ wurde der Großteil der Pfleglinge aus Mariaberg in zwei Transporten am 1. Oktober und 13. Dezember 1940 nach Grafeneck transportiert und dort ermordet. Otto Gatter starb vier Tage nach seiner „Verlegung“ am 17. Dezember 1940.
Über die Stolpersteine „stolpern“ heißt: stutzen, stehen bleiben, nachdenken. Eine Idee, die der Bildhauer Gunter Demnig bisher mehr als 100.000 Mal in 1.860 Gemeinden in 31 Ländern verwirklicht hat – zusammen mit Menschen vor Ort. Die 10 x 10 cm großen Steine erinnern jeweils vor dem letzten selbstgewählten Wohnsitz an die Verfolgten und Ermordeten des Nationalsozialismus und halten sie als Individuen im öffentlichen Gedächtnis. In Schwäbisch Gmünd wurden die ersten Steine 2008 auf Anregung der achten Klasse der Franz-von-Assisi-Realschule in Waldstetten mit ihrem Lehrer Tilman John verlegt. Zahlreiche weitere Steine folgten auf Initiative des Arbeitskreises Erinnerungskultur im Zuge des 850-jährigen Stadtjubiläums 2012, sodass Schwäbisch Gmünd heute über 17 Stolpersteine verfügt. Der Stein für Otto Gatter wird in Gmünd der erste Stein für ein Opfer der „Euthanasie“-Morde sein.
Die Stolpersteinverlegung durch Gunter Demnig fand in Anwesenheit von Oberbürgermeister Richard Arnold am Montag, 26. Mai, 15.30 Uhr, vor Mutlanger Str. 28, statt. Mit der neuen Verlegung unterstützt die Stadt eine Initiative von Saleena Bjelic, Schülerin der Agnes-von-Hohenstaufen-Schule, die sich in einer Seminararbeit mit dem Schicksal von Otto Gatter beschäftigt hat.