Lina Dangelmaier

Brief von Lina Dangelmaier auf Briefpapier des Jegel's Hotel in New York
StadtA GD, A3 Nr. 897

Lina Dangelmaier war die uneheliche Tochter von Nanette Dangelmaier und lebte wie ihre Mutter ein freies Leben.

Nanette Dangelmaier hatte von ihren Eltern - ihr Vater war der Gmünder Rechtskonsulent Johann Jakob Dangelmaier - 4000 Gulden geerbt. Mit ihren zwei unehelichen Kindern, Wilhelm und Lina, galt sie in Schwäbisch Gmünd nicht mehr als achtbare Person. In München, wo sie sich mit ihrer Tochter Lina niederließ, pflegte sie einen aufwendigen Lebensstil.

Lina Dangelmaier wanderte 1863 nach Amerika aus, um dort den Arzt Friedrich Obereder zu heiraten. Sie starb bereits im Oktober 1864 in New York im Wochenbett, ihre Tochter kam tot zur Welt. Beide wurden tief betrauert von Fritz Obereder, der als Arzt die Geburt begleitet hatte.

Linas Mutter Nanette kehrte verschuldet nach Gmünd zurück und verstarb dort.

Unmittelbar nach ihrer Ankunft in New York schreibt Lina Dangelmaier zusammen mit ihrem Verlobten, dem Arzt Fritz Obereder, aus dem Hotel Jegel’s an ihre Mutter Nanette.

StadtA GD, A3 Nr. 897

JEGEL´S Hotel
CHAS. HENRICHSEN, PROP.
No. 47 Barclay Street

New York, den 11. Dezember 1863

Meine liebe Mutter!

Damit Du ja nicht lange in Sorgen lebst, zögere ich nicht, Dich sogleich zu benachrichtigen, daß ich Gott sei Dank gesund und munter zwar nach einer langen und sehr stürmischen Reise angekommen bin, nehmlich beinahe volle 3 Wochen, was Du selbst aus meinen Zeilen ersiehst. Finde es Alles sehr schön, doch die Hauptsache ist und bleibt mein lieber guter Fritz. Ich war Gott sei Dank auf der ganzen Reise sehr gesund unter 36 Damen die einzige welche nicht krank war. Ich hatte nichts als unendlich lange Weile nach Dir sowie nach meinem lieben Fritz. Doch Furcht hatte ich nicht und wie unendlich froh bin ich gewesen, als wir Donnerstag Nachts ½ 10 im Hafen einfuhren. Doch mußten wir noch bis nächsten Morgen 10 Uhr an Bord nehmlich Schiff bleiben, wo wir mit einem kleinen Dampfer abgeholt und nach New York gebracht wurden, wovon ich Dir späther eine Beschreibung mache und endlich gleich in die Arme meines Friedrichs befand, welcher sich unendlich freute mich so gesund begrüßen zu können. Auch ich fand dasselbe bei ihm. Er ist sehr gesund und stark. Ich fuhr gleich mit ihm in das Hotel wo er schon ein Zimmer heitzen ließ für mich und sehr gut speißten [wir] zu Mittag, und wir uns so vieles zu erzählen hatten. Nachmittags gingen wir in dem schönen herrlichen New York spazieren, obgleich es schneite. Wir kauften uns die Ehringe, weil wir uns Sonntag trauen lassen, nehmlich den 13. Dezember, wo wir alles in Ordnung haben und so Gott will recht glücklich werden, wie wir es jetzt sind in dieser Stunde wo ich schreibe und wir zusammen sind und uns herzen und küssen.

Jetzt muß ich schließen, nächstens mehr wenn wir verheiratet sind und ich mehr Zeit habe, da ich erst alleine sein werde.

Doch jetzt liebe Mutter beruhige dich und fände du es in Gottes Namen Ersatz, daß du deine Tochter unendlich glücklich weißt wenn auch in weiter Ferne, das ich in Deutschland niemals geworden währe ohne meinen lieben Fritz. Also liebe Mutter lebe recht wohl, schreibe mir bald wie es dir geht und grüße alle Bekannten besonders Madame und Herrn Häring, Hern Drondeit nebst Familie und Her Berrmann und alle welche sich meiner erinnern. Sei unendlichmal gegrüßt von mir so wie auch von meinem lieben guten Fritz

Deine aufrichtige Tochter

Lina

Meine verehrteste Frau Dangelmaier!

Einstweilen nur in Kürze meinen innigsten Dank für Ihre große Aufopferung, Ihre einzig geliebte Tochter mir zu senden. Ich werde mich Ihrer werth zeigen und nur für meine Lina leben. Ich habe sie meine einzig Geliebte recht gesund und liebenswürdig getroffen und fühle mich recht glücklich jetzt. Wenn wir verheiratet sind, werde ich mir die Freiheit nehmen, Ihnen einen ausführlicheren Brief zu schreiben, um uns als glückliche Eheleute zu schildern. Meinen herzlichsten Gruß meine wertheste Frau Schwiegermutter und bleiben Sie in Liebe eingedenk Ihres dankbarsten Schwiegersohns

Dr. Fr. Obereder

 

[Transkription unter Benutzung von: Johannes Schüle, Auswandern. Schwäbisch Gmünder Auswanderer und ihre Briefe in die Heimat, Schwäbisch Gmünd 2010.
Erläuterungen/Ergänzungen in eckigen Klammern, Satzzeichen sowie Groß- und Kleinschreibung zur Erleichterung des Leseflusses angepasst]

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